Wissensmanagement beschäftigt sich mit dem optimalen Umgang mit Wissen und Nichtwissen in einer Organisation. Dazu gehören sowohl die strategischen als die operativen Maßnahmen, zur Wissensidentifikation, Wissensgenerierung, Wissensdiffusion, Wissensintegration und Wissenstransfer zum Handeln hin zu einer „intelligenten Organisation”. (Vgl. Pawlowsky, P (2002) Wozu Wissensmanagement. In Wissensmanagement Zwischen Wissen und Nichtwissen, S.116, Rainer Hamp Verlag)
Im folgenden habe ich mich wissenschaftlich mit dem Thema “Wissen und Nichtwissen” auseinandergesetzt.
There are known knowns. These are things we know that we know. There are known unknowns. That is to say, there are things that we know we don’t know. But there are also unknown unknowns. There are things we don’t know we don’t know.
Einleitung
Wissensmanagement beschäftigt sich mit dem optimalen Umgang mit Wissen und Nichtwissen in einer Organisation. Dazu gehören sowohl die strategischen als die operativen Maßnahmen, zur Wissensidentifikation, Wissensgenerierung, Wissensdiffusion, Wissensintegration und Wissenstransfer1 zum Handeln hin zu einer „intelligenten Organisation”. (Vgl. Wilke, H. (2002) Nagelprobe des Wissensmanagements: Zum Zusammenspiel von personalem und organisationalem Wandel. In Wissensmanagement Zwischen Wissen und Nichtwissen, S.15, Rainer Hamp Verlag)
Vom Wissen
Im Bereich des Wissens gibt es eine Unterscheidung zwischen explizitem Wissen und impliziertem Wissen. (Vgl. Polanyi, P (1966) The tacit dimension, Garden City, Doubleday) Es wird als zwischen Inhalten unterschieden über die wir bewusst verfügen und artikulieren können (explizites Wissen) und Inhalten über die wir verfügen, uns aber nicht bewusst sind und somit auch nicht verbal vermitteln können (implizites Wissen). Daraus ableitend lässt sich eine weitere Unterteilung des implizierten Wissens vornehmen. So gibt es bei dieser Wissensform, technisch implizites und kognitives impliziertes Wissen. Zum technischen impliziten Wissen zählen Fähigkeiten und Fertigkeiten die oft als „Know-how” bezeichnet werden. Zum kognitiven implizierten Wissen gehören Verhaltensweisen, Überzeugungen und Wertemodelle, die die Wahrnehmung, dass Handeln und die Vorstellungen zur Zukunft einer Person bestimmen. (Vgl. Nonaka, I u. Takeuchi, H (1997) Die Organisation des Wissens, S.8) Das implizierte Wissen ist daher in den Personen gespeichert (embodied Knowledge), während explizites Wissen nicht nur beim menschlichen Wissensträger liegen kann, sondern auch mittels verschiedener Medien gespeichert, verarbeitet und übertragen werden kann (disembodied Knowledge).
Wissenstransfer und Generierung
Der Transfer von impliziten in explizites Wissen stellt daher eine Aufgabe des Wissensmanagements dar. Ohne diesen Transfer ist Wissen nicht für die Gesamtheit der Organisation nutzbar. Dies geschieht in einem spiralförmigen Prozess indem Wissen über die Externalisierung (implizit zu explizit), Kombination (explizit zu explizit), Internalisierung (explizit zu implizit) und Sozialisation (implizit zu implizit) auf höhere Organisationsstufen gebracht wird. (Vgl. Nonaka, I u. Takeuchi, H (1997) Die Organisation des Wissens, S.9) Die Verfügbarmachung und Übertragung von Wissen ist zwar eine wichtige Aufgabe, aber der Bereich der Kombination (explizit zu explizit) generiert neues Wissen (Vgl. North, K (2012) Wissensorientierte Unternehmensführung: Wertschöpfung durch Wissen, S.51) und kann daher als Hauptaufgabe angesehen werden.
Wissen selbst ist dabei auch keine Konstante, da es revidierbar und verbesserungsfähig ist. Dem folgend ist Wissen nicht als Wahrheit zu verstehen, sondern mehr als eine Ressource bzw. neuer Produktionsfaktor (Vgl. Wittmann, W (1977), Betriebswirtschaftslehre. Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft (HdWW). S. 590) und damit auch untrennbar mit dem Nichtwissen verbunden. (Vgl. Wilke, H (2004), Einführung in das systemische Wissensmanagement, S.21) So wissen Organisationen zwar was sie tun, aber sie wissen nicht, was sie wissen; und sie wissen nicht, was sie wissen müssen, um tun zu können, was sie tun. (Vgl. Baecker, D (2002) Die „andere Seite” des Wissensmanagements. In Wissensmanagement Zwischen Wissen und Nichtwissen, S.98)
Daher muss sich Wissensmanagement gerade mit dem Verhältnis und dem Umgang von Wissen, dem Nichtwissen und auch den Ungewissheiten auseinandersetzen.
Vom Nichtwissen
In der Diskussion des Begriffes selbst stehen sich zwei fundamentale Annahmen gegenüber. Handelt es sich beim Nichtwissen um ein grundsätzliches „Nicht-Wissen-Können” oder um ein temporäres „Noch-Nicht-Wissen?. (Vgl. Wehling, P (2008) Wissen und seine Schattenseite: Die wachsende Bedeutung des Nichtwissens in (vermeintlichen) Wissensgesellschaften. In Evaluation, Wissen und Nichtwissen, S.24) Sofern man vom zweiten Fall ausgeht, kann ein Nichtwissen grundsätzlich als ein überwindbarer Zustand verstanden werden. Und damit ist es demzufolge auch möglich das Nichtwissen zu reduzieren und zur Generierung von Wissen zu nutzen.
Nichtwissen lässt sich ebenso wie Wissen unterteilen, unterscheiden und mit Hilfe von Dimensionen segmentieren.
Es kann eine erste Dimensionseinteilung in bewusstes Nichtwissen („ich weiß genau, was ich nicht weiß” – known unknowns) und nicht bewusstes Nichtwissen („ich weiß nicht, was ich nicht weiß” – unknown unknows) vorgenommen werden. (Vgl.: Scheinder, U (2007) Das Management der Ignoranz: Nichtwissen als Erfolgsfaktor, S.73) Es muss allerdings auch berücksichtigt werden, dass es eine Reihe von Zwischenformen gibt (vermutetes, nicht genau bestimmbares Nichtwissen). (Vgl. Wehling, P (2008) Wissen und seine Schattenseite: Die wachsende Bedeutung des Nichtwissens in (vermeintlichen) Wissensgesellschaften. In Evaluation, Wissen und Nichtwissen, S.22) Im ersten Bereich ist es dann möglich eine weitere Unterscheidung vorzunehmen, ob es sich um freiwilliges bewusstes Nichtwissen handelt oder um unfreiwillig auferlegtes Nichtwissen handelt. Das nicht bewusste Nichtwissen wiederum lässt sich vom Standpunkt eines Beobachters in erkennbares und verborgenes Nichtwissen unterscheiden. Die zweite Dimension betrachtet dagegen die Funktionalität bzw. Dysfunktionalität des Nichtwissens. Dabei lässt sich bei der Funktionalität zwischen positivem und schützendem Nichtwissen unterteilen. Beim positiven Nichtwissen geht es um die Fähigkeit zu wissen, was man nicht zu wissen braucht. (Vgl.: Scheinder, U (2007) Das Management der Ignoranz: Nichtwissen als Erfolgsfaktor, S.77) Es liegt die Annahme zu Grunde, dass zu viel Informationen oder zu viel aufgebrachte Zeit zur Wissenssuche negative Auswirkungen auf Entscheidungsqualität hat. So wächst mit der Mehraufnahme an Informationen die Ungewissheit über die Entscheidung.
Das bewusste schützende Nichtwissen ist ein selbstauferlegter Schutzmechanismus (Tabu, Einhaltung gesellschaftlicher Normen) und ist im Rahmen des Wissensmanagement ein wichtiger Bereich, da es mir dem durchbrechen von Tabus im kreativen Prozess dafür eingesetzt werden kann um Denkblockaden zu lösen und die Kreativität zu erhöhen. (Vgl.: Scheinder, U (2007) Das Management der Ignoranz: Nichtwissen als Erfolgsfaktor, S.90)
Nichtwissen wird daher auch als Voraussetzung für das Eingehen von Risiken im Entscheidungsprozess gesehen und damit als eine Möglichkeit um Innovationen zu ermöglichen.
Bei dysfunktionalen Nichtwissen erfolgt eine Einordnung nach inspirierendem, manipuliertem und ignoriertem Nichtwissen.
Inspirierendes Nichtwissen führt in der Organisation zur Wissensgenerierung, da es Entwicklungs- und Lernprozesse anregt. Manipulatives Nichtwissen ist die bewusste Vorenthaltung von Wissen und damit Manipulation durch Dritte und unter dem ignorierten Nichtwissen, lassen sich Formen des Nichtwissens fassen, von denen man nicht weiß, dass man sie nicht weiß (sogenannte blinde Flecken). (Vgl.: Scheinder, U (2007) Das Management der Ignoranz: Nichtwissen als Erfolgsfaktor, S.99)
Die Verbindung zwischen Wissen und Nichtwissen
Die Grundlegende Annahme in der Beziehung zwischen Wissen und Nichtwissen lautet das die Wissensakkumulation nur zu einer progressiven Reproduktion von Nichtwissen führt. (Vgl. Luhmann, N (1995): Die Soziologie des Wissens: Probleme ihrer theoretischen Konstruktion. In Gesellschaftsstruktur und Semantik, S.177) Es lassen sich insgesamt vier Faktoren beschreiben, die für diese Verbindung verantwortlich sind: (Vgl. Wehling, Peter (2006): Im Schatten des Wissens? Perspektiven der Soziologie des Nichtwissens, S. 253-273)
Fazit
Wissensmanagement hat sich in den vergangenen Jahren massiv gewandelt und insbesondere die Schattenseite, das Nichtwissen wird in der Diskussion sehr viel Aufmerksamkeit zu teil. Die unterschiedlichen Formen des Nichtwissens insbesondere im Bereich des dysfunktionalen Nichtwissens nehmen in der wirtschaftlichen politischen Berichterstattung einen großen Raum ein. Gerade im Hinblick auf sogenannte „Whistleblower” steht diesem Bereich und den Folgen der Erkenntnis / dem Bewusstmachen von manipulativen und des ignorierten Nichtwissen, eine im Forschungsbereich interessante Diskussion bevor. Gleichwohl ändert sich auch die Bewertung des bewussten Nichtwissens, gerade im Hinblick auf eine von Informationen überfluteten Welt in der das Individuum gezielt Wissen ignoriert.
Bei der Bewertung des funktionalen Nichtwissens für eine Organisation, müssen die Vorzüge und Nachteile des Nichtwissens berücksichtigt werden. Diese können Innovationen und Kreativität befördern aber auch eine lähmend wirken und die Handlungsfähigkeit einschränken oder gar die Produktivität und damit die Entwicklung der Organisation hemmen.
Der richtige Umgang des Wissensmanagement im Spannungsfeld Wissen und Nichtwissen kann zu einer Steigerung der Produktivität führen, sowohl für das Individuum als auch für die Organisation als Ganzes.